Vortrag vom 12. Oktober 1925 im Alpenverein Altenburg.
Dort berichtete Oberlehrer Ernst Nitzsche aus Treben bei Altenburg über seine mit Lehrer Fritz Etzold unternommene Bergfahrt in die Berner und Walliser Alpen
mit Besteigung der 4.158 Meter hohen Jungfrau und des 4.478 Meter hohen Matterhorn.

[Abschrift eines Artikels aus der „Altenburger Zeitung“ vom Oktober 1925]
 

Vom Alpenverein. Bei der letzen Sitzung war der Saal fast überfüllt. Zu den zahlreichen Mitgliedern kamen noch ein paar Gäste. Die Ortsgruppen Weimar und Magdeburg waren durch 2 Mitglieder vertreten. Lehrer Nitzsche aus Treben sprach über die Ersteigung der Jungfrau und des Matterhorns. Er war über den Bodensee in die Schweiz gekommen. Dann ward die Bundeshauptstadt besichtigt, Interlaken besucht und dem Berner Oberland näher gerückt worden. Durch das Lauterbrunnental hatte er mit seinem Begleiter, dem Trebener Lehrer Fritz Etzold, den Trümmelbach erreicht, der aus den Gletschern der Jungfrau hervorbricht und in Schraubengängen mit gewaltigem Donner durch einen Felstrichter zur Tiefe stürzt. Auf beschwerlichem Wege waren die Wanderer zur Wengeralp gekommen, konnten dort jedoch kein Unterkommen finden und waren nach der Kleinen Scheideck gewiesen worden. Mit der Jungfraubahn hatten sie das Jungfraujoch erreicht und waren von da ohne Führer ? ja sogar als 1. Partie ? unter großen Mühsal zum Gipfel der Jungfrau emporgestiegen, der sich 4167 Meter hoch erhebt. So anstrengend auch der Aufstieg gewesen war, so lohnend gestaltete sich der Aufenthalt auf der Spitze. Darum hielten sie sich bei herrlichstem Wetter und ziemlicher Windstille 1 ½ Stunden in dieser Höhe auf. Der Abstieg gestaltete sich noch weit schwieriger, als der Aufstieg gewesen war. Aber nach 11stündiger Abwesenheit kamen sie wieder auf dem Joche an. Am anderen Tag stiegen sie zur Konkordiahütte hinab und erreichten über den großen Aletschgletscher das Hotel Jungfrau am Eggishorn. Hinab ging`s nun ins Rhonetal und hinauf nach Zermatt. Denn da ihnen die Bezwingung der Jungfrau gelungen war, so strebten sie einem noch höheren Ziele zu, das sie in der Ersteigung des Matterhorns erblickten. Bis zur Matterhornhütte gelangten sie ohne Führer, mußten dort jedoch des ungünstigen Wetters wegen ein paar Tage warten und konnten erst dann mit einem Führer, den sie in der Person des Hüttenwirts gefunden hatten, die Tour fortsetzen. Bei günstigem Wetter glückte das Unternehmen. Auch diesmal sollten sie die Gefahren kennen lernen, die denen drohen, die sich an das Matterhorn, das ziemlich 4500 m hoch ist, heranwagen. Einmal löste sich ein zentnerschwerer Block und sauste, in Stücke zerspringend, hinab, den tiefer stehenden Freund beinahe mit hinabschleudernd. Als man sich vom Schreck erholt hatte, bemerkte man, daß das Seil, das sie auf Leben und Tod verband, durchschlagen war. Es mußte nun zusammgeknotet werden. Neue Gefahren drohten. Denn ein Gewitter brach los und überschüttete sie mit Regen, Schnee und Eis. Beschmutzt und mit zerrissenen Kleidern trafen sie in der Hütte ein, freudig begrüßt von der Frau des Führers, dem der Vortragende im Hochgefühl der gelungenen Tour um den Hals fiel. Am nächsten Tage stiegen sie nach Zermatt ab und fuhren durch den Simplontunnel nach Locarno, wo der Redner eine Freundespflicht erfüllte und das Grab des dort verstorbenen Lehrers Graichen aus Langenleuba-Niederhain aufsuchte. Vom Langen See führte der Weg der Alpenfreunde zum Luganer See und durch den Gotthardtunnel über Zürich der Heimat zu. Dem Vortrag folgte ein Beifall, der dröhnend den Saal durchhallte. Mit größter Spannung hatten die Zuhörer an den Lippen des Redners gehangen, der Humor und Ernst so prächtig zu paaren verstand.

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